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Umstrittene Vergütungspraxis: DPMA sieht VG-Wort am Zug

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Das Deutsche Patent- und Markenamt sieht offenbar noch keinen grundsätzlichen Handlungsbedarf im Streit um die Vergütungspraxis der Verwertungsgesellschaften. Die Linksfraktion im Bundestag kritisiert: Die Aufsicht über die deutschen Verwertungsgesellschaften funktioniert nicht.



Die Bundesregierung hat zur Vergütungspraxis der Verwertungsgesellschaften Stellung genommen. Demnach sieht die staatliche Aufsicht, das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA), keinen Anlass zu prüfen, welche grundsätzlichen Auswirkungen ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts München (AZ: O 28640/11) hat, dass die Vergütungspraxis der VG Wort im Einzelfall für unzulässig erklärt. „Aus Sicht des Deutschen Patent- und Markenamtes obliegt es in erster Linie den zuständigen Gremien der Verwertungsgesellschaft zu entscheiden, wie mit den Feststellungen des nicht rechtskräftigen erstinstanzlichen Urteils umzugehen ist“, heißt es auf Anfrage der Linksfraktion im Bundestag.

Warten auf letztinstanzliches Urteil

Die VG Wort hat Berufung gegen das Münchener Urteil eingelegt und schüttet auch 2012 weiter nach bisheriger Praxis aus. Die Münchner Richter hatten entschieden, dass der pauschale Abzug eines Verlegeranteils von den Tantiemen der Urheber gegen das Willkürverbot verstößt. Der Hintergrund: Die Verwertungsgesellschaften prüfen nicht im Einzelfall, welcher Urheber welche Vergütungsansprüche an Verlage abgetreten hat, sondern ziehen den Urhebern pauschal einen Verlegeranteil von ihren Ausschüttungen ab. Im Bereich der Wissenschaftsliteratur liegt der Verlegeranteil bei der VG Wort zum Beispiel bei 50 Prozent.

Im Fall einer letztinstanzlichen Bestätigung des Urteils sieht das DPMA laut Bundesregierung allerdings erheblichen Handlungsbedarf. Dann würde „eine werkspezifische Prüfung und Differenzierung erforderlich“. „Die betroffenen Verwertungsgesellschaften müssten im Hinblick auf jedes einzelne Werk prüfen, ob der Urheber zuerst den Wahrnehmungsvertrag oder den Verlagsvertrag abgeschlossen hat“, heißt es in der Stellungnahme.

Wawzyniak (Linke): „Aufsicht funktioniert nicht“

Der laufende Rechtsstreit wirft Fragen auf. Muss die VG Wort verbindliche Rückstellungen für den Fall bilden, dass sich das Münchner Urteil bestätigt und Millionen Euro nachträglich umzuverteilen sind? Muss die Verjährung der Ansprüche nach drei Jahren aufgehoben werden bis der Rechtsstreit geklärt ist? Darauf hat das DPMA anscheinend noch keine Antwort.

Autorenvertreter in der VG Wort kritisierten bereits die Untätigkeit der staatlichen Aufsicht. „Das Patentamt entzieht sich durch rechtsstaatswidrige Passivität, diesen schwierigen Entscheidungsprozess helfend zu begleiten“, sagte Fred Breinersdorfer, Sprecher der Berufsgruppe der Belletristik-Autoren und Drehbuchschreiber dem Gewerkschaftsmagazin “Journalist”.

Halina Wawzyniak, netzpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, kommentiert: „Die Antwort der Bundesregierung zeigt, dass die Aufsicht über die deutschen Verwertungsgesellschaften nicht funktioniert. Außerdem müssten diese Gesellschaften dringend reformiert und demokratisiert werden – nicht zuletzt im Interesse der Urheber selbst.“

Luksan-Urteil: Bundesregierung sieht kein Problem

Grundsätzlich stellt laut Experten ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs die Vergütungspraxis der großen Verwertungsgesellschaften in Frage (Rechtssache C-277/10). Von der Bundesregierung heißt es hierzu: „Das Deutsche Patent- und Markenamt prüft derzeit die möglichen Auswirkungen der Luksan-Entscheidung.“ Dass die deutsche Gesetzgebung, die den Abzug des Verlegeranteils legitimiert, gegen EU-Recht verstoßen könnte, sieht die Bundesregierung nicht. Der entsprechende § 63a im Urheberrechtsgesetz stehe nach der Luksan-Entscheidung im Einklang mit unionsrechtlichen Vorgaben.


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